Freunde finden im 21. Jahrhundert: Interview mit Alexander Wahler

Wenn man Statistiken Glauben schenkt, hat ein deutscher Erwachsener im Durchschnitt nur einen einzigen guten Freund. Das ist erschreckend wenig, wenn man bedenkt, wie wichtig soziale Beziehungen für das Wohlbefinden sind.

Menschen mit vielen Freunden sind seltener krank und leben statistisch gesehen länger und glücklicher. Eigentlich müsste „Freundschaften schließen und pflegen“ ein Schulfach sein. Stattdessen gibt es offensichtlich nur wenige Menschen, die gut darin sind, Freundschaften zu führen.
Die scheinbar geringe Priorität dieses Themas spiegelt sich auch im Buchmarkt wider. Wie man Freunde gewinnt von Dale Carnegie ist 80 Jahre nach der Erstveröffentlichung noch immer das Standardwerk. Wie ich in dieser Rezension bereits geschrieben hatte, geht es in Carnegies Buch allerdings eher darum, wie man beliebt wird und einen guten ersten Eindruck hinterlässt. Eine Anleitung zum Freunde finden sucht man dort vergeblich.

Genau aus diesem Grund hat ein guter Freund von mir eine Webseite erschaffen, auf welcher Du erfährst, was eine gute Freundschaft ausmacht, wie Du Freunde findest oder Deine Freundschaften verbesserst. Die Webseite lautet: www.abenteuer-freundschaft.de.

Doch zurück zu Alexander Wahler. Mit Freunde finden im 21. Jahrhundert hat Alexander Wahler ein großartiges Buch geschrieben, wie man authentische Freundschaften findet und führt. Der Coach deckt in seinem Buch das Thema Freundschaft umfassend ab und gibt den Lesern Übungen an die Hand, mit denen sie das Gelernte sofort anwenden können. Alex möchte seinen Lesern beibringen, wie man authentische, ehrliche und emphatische Freundschaften führt. Ich habe sein Buch im Urlaub verschlungen und viele Tipps herausgezogen. Umso mehr freue ich mich, dass er mir in einem Interview Rede und Antwort stand. Lies weiter, wenn du deine sozialen Beziehungen verbessern möchtest.

1. Als Trainer und Coach berätst du Menschen, die ihre sozialen Beziehungen verbessern möchten. Was hat deine Leidenschaft für diese Aufgabe entfacht?

Ganz klar: Meine eigenen Probleme mit der Thematik!

Mit 20 Jahren war ich persönlich an einem sehr dunklen Ort. Ich war super schüchtern, war Jungfrau, hatte wenig Freunde und keinerlei Idee, wie ich neue Leute kennenlerne konnte. Ich war einsam.Foto von Alexander Wahler
Also nutzte ich das unendlich weise Orakel, das wir alle befragen, wenn wir ein Problem haben: Google. Ich entdeckte recht schnell, dass es Bücher, Videos, Podcasts, Blogs, Seminare und alle möglichen Weiterbildungsmöglichkeiten zu diesem Thema gibt. Und was glaubst du, was ich gemacht habe? Genau! Ein Buch nach dem anderen verschlungen, ein Seminar nach dem anderen besucht und stundenlang vor YouTube-Videos verbracht.

Innerhalb kurzer Zeit sah ich sogar Erfolge. Ich merkte, dass es mir leichter fiel, aus mir herauszukommen. Dass ich weniger Probleme damit hatte, auf neue Menschen zuzugehen und auch mal den ein oder anderen Witz zu reißen.

Meine bestehenden Freundschaften wurden tiefer, und mir fiel es Woche für Woche leichter, gegenüber neuen Bekanntschaften nicht auf meinen Eindruck zu achten, sondern mich WIRKLICH authentisch auszudrücken. Ein unbeschreiblich befreiendes Gefühl!

Glaub mir, das alles war kein leichter Weg. Es war hart. Manchmal sehr hart. Doch genau diese Herausforderungen – man soll ja nicht „Probleme“ sagen, nicht wahr? 😉 – haben dazu geführt, dass ich ein enorm tiefes Verständnis für soziale Dynamiken, die menschliche Psyche und die Entstehung von engen Beziehungen entwickelt habe.

Diese Erfahrung jetzt an Menschen weiterzugeben, die ähnlichen Herausforderungen gegenüber stehen wie ich damals, erfüllt mich wie nichts anderes!

2. Eigentlich müsste es in unserer vernetzten und globalisierten Welt sehr einfach sein, Freunde zu finden. Man hat allerdings den Eindruck, dass es eher schwieriger geworden ist. Woran liegt das?

Durch die heutige Technologie ist es auf jeden Fall einfacher als je zuvor, Freunde zu finden. Ganz egal wie skurril dein Hobby.

Doch die heutige Technologie ermöglicht es auch wunderbar, sich dahinter zu verstecken. Gerade wenn du schüchtern bist, Schwierigkeiten hast aus dir herauszukommen oder auf neue Leute zuzugehen, ist es immer verlockender sich vor den Bildschirm zu setzen.

Dadurch wird das Problem allerdings nur schlimmer!

Wenn du also dieses Verhalten, sich hinter dem Bildschirm zu verstecken, vermeidest, dann macht es Technologie sehr viel einfacher neue Freundschaften zu finden, aufzubauen und zu pflegen!

Oh ja, und das Argument, dass Social Media uns „oberflächlicher“ macht, kaufe ich niemandem ab. Social Media hat uns nicht verändert, es zeigt uns lediglich, wer wir sind.

Je nachdem, wer du als Person bist, wirst du Social Media anders verwenden.

Um dich dahinter zu verstecken (weil du schüchtern bist), um dich zu profilieren (weil du ein riesiges Ego hast), oder um interessante neue Leute kennenzulernen (weil du dich danach sehnst, erfüllende Beziehungen in dein Leben zu bringen).

Wenn du die heutigen Technologien also klug nutzt, dann ist es unendlich einfacher als vor einigen Jahren, neue Freundschaften zu finden.

3. Was können Menschen tun, um in ihren Freundschaften besser zu kommunizieren?

Hab keine Angst, das zu sagen, was in dir vorgeht! Unsere größte Herausforderung ist doch meistens, dass wir es nicht schaffen, Dinge anzusprechen, die uns stören. Wir schlucken sie lieber herunter, anstatt hier und jetzt darauf hinzuweisen.

Doch was passiert dadurch? Wir schlucken mehr und mehr, und irgendwann explodieren wir!

Solche Momente können jahrelange Beziehungen und Freundschaften zerstören.

Drück stattdessen authentisch aus, was du gerade fühlst. Wenn dich etwas stört, sag es! Lass lieber eine kleine Mini-Explosion entstehen, als dass du deinen Frust die ganze Zeit herunterschluckst, bis irgendwann ein riesiges Pulverfass explodiert.

Das Gleiche gilt übrigens für positive Dinge. Betrachte Lob oder Anerkennung nicht als etwas „Kitschiges“. Zeig deinen Freunden, dass du sie liebst.
Sag ihnen, wenn dir etwas gefällt, wenn du stolz auf sie bist, dass du sie liebst, dass du sie wertschätzt.

Offene Kommunikation, egal ob positiv oder negativ, führt immer zu einer gegenseitigen Annäherung. Verschlossenheit, führt immer zu Ausgrenzung.

Und zu guter Letzt:

Wenn ein Freund dir etwas sagt, dann stell immer eine Rückfrage um auf Nummer sicher zu gehen, dass du es auch richtig verstanden hast.

„Wir treffen uns morgen um 5 am Kino, wie immer.“
„Hab ich das richtig verstanden: Wir treffen uns morgen um 5 am Nordeingang vom Kino?“
„Nein, lieber am Südeingang.“

Eine Kleinigkeit, die aber viele Kommunikationsprobleme sofort beseitigen kann.

4. Es wird ja immer heiß diskutiert, ob authentische Freundschaften zwischen (heterosexuellen) Männern und Frauen möglich sind. Wie ist deine Sichtweise?

Heikle Frage.
Meine ehrliche Antwort: Wenn von keiner der beiden Parteien sexuelle Anziehung ausgeht, dann ja.

Sonst wird die Freundschaft immer von dem unterschwelligen Gedanken „vielleicht wird aus uns beiden ja doch noch was!“ sabotiert.

Wie oft haben wir schon die Geschichte gehört, dass eine Frau plötzlich komplett schockiert ist, da ihr jahrelanger bester Freund plötzlich aus dem Schrank gesprungen kommt, um ihr seine Liebe zu beichten. (Das Gleiche gilt natürlich auch vice versa.)

Wenn beide Personen also wirklich keinerlei sexuelle Anziehung für einander spüren, dann ist es möglich. Spürt einer von beiden Anziehung, dann wird es verdammt schwierig…

5. Gibt es Bücher, die dich auf deinem Weg besonders inspiriert haben und welche die Leser dieses Blogs unbedingt lesen sollten?

Absolut! Dabei würde ich dir und deinen Lesern drei Bücher empfehlen:

Social: Why our brains are wired to connect – Mattew D. Liebermann

Ein Buch, das meine Augen so sehr geöffnet hat wie kaum ein anderes!
Ein MUSS für jeden, der sich für das soziale Verhalten von Menschen interessiert. Nach dem inzwischen vierten Lesen nehme ich immer noch neue Erkenntnisse aus dem Buch mit.
Mehr will ich an dieser Stelle nicht verraten 😉

Radikal ehrlich – Brad Blanton

Der Titel sagt eigentlich schon alles! Brad Blanton argumentiert in „Radikal ehrlich“, dass die meisten unserer emotionalen und sozialen Probleme vom Lügen kommen. Große Lügen, kleine Lügen, weiße Lügen, Notlügen etc… und, dass es kurzfristig zwar unangenehmer ist, die Wahrheit zu sagen, langfristig jedoch zu tieferen und erfüllteren Beziehungen führt.

Der schwarze Schwan – Nassim Nicholas Taleb

Der „schwarze Schwan“ Effekt ist ganz besonders im zwischenmenschlichen Bereich enorm mächtig! Und dank ihm habe ich in der Vergangenheit eine Menge tolle Freundschaften schließen können. Zudem liebe ich die Werte, die der Autor vertritt sehr, und kann dieses Buch daher jedem ans Herz legen

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Der Link zur Webseite über Freundschaft
www.abenteuer-freundschaft.de

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