Interview mit Barbara Bosch (Coach & Rhetorik-Trainerin)

Foto: Michel Buchmann

Auf Rhetorikpirat steht das erste Interview an: Mit Barbara Bosch. Ich habe Barbara im Rhetorikclub „Toastmasters“ kennengelernt und mehrere ihrer Reden erlebt. Sie ist ein kraftvolle und energiegeladene Rednerin, die das Publikum spielend in ihren Bann zieht. Ich freue mich, dass sie uns in diesem Interview an ihrem Erfolgsgeheimnis teilhaben lässt.

1. Als Trainerin und Coach berätst du Menschen, die ihre Präsentationsfähigkeiten verbessern wollen. Was fasziniert dich an dieser Aufgabe?

Die meisten kennen das bestimmt. Es gibt RednerInnen, denen kleben wir ab dem ersten Wort an den Lippen. Wir lachen mit ihnen, wir stimmen ihnen mit Kopfnicken zu und können uns noch Wochen, sogar Monate später an sie erinnern.
 
Und dann gibt es solche, bei denen schalten wir ab noch bevor sie richtig losgelegt haben. Wir zücken unser Handy, checken unsere Mails und schreiben WhatsApps.
 
Ich habe mich gefragt, warum manche RednerInnen erfolgreich sind und andere langweilen. Ich habe recherchiert, mir unzählige Vorträge angesehen und bin bei den Toastmasters International, einem internationalen Rhetorikclub, Mitglied geworden, um zu lernen, wie ich mein Publikum gleichzeitig informieren und unterhalten kann, statt eben nur zu langweilen. Das hat mir unglaublich viel Spaß gemacht.
 
Ich habe erfahren, wie wichtig es ist, sich in der eigenen Haut wohlzufühlen, dass man sich über das Publikum Gedanken machen muss und dann mit einigen Rhetorik-Tools seine Botschaft so verpacken kann, dass das Publikum sie leicht und mit Freude aufnimmt. Mein Wissen und meine Erfahrung wollte ich dann mit anderen teilen und ihnen dabei helfen, effektiver zu präsentieren und dabei Spaß zu haben.
 
In meinen Trainings und Coachings ist es für mich spannend mitzuerleben, wie die TeilnehmerInnen ihre Vortrags-Stärken entdecken, wie sie von Übung zu Übung etwas selbstbewusster und kreativer auf der Bühne agieren und immer mehr Freude beim Reden empfinden und das auch ausstrahlen. Bei den Entwicklungsprozessen meiner KlientInnen dabei zu sein und sie unterstützen zu können, ist immer etwas ganz Besonderes und eine faszinierende Aufgabe für mich.

2. Was würdest du jemandem empfehlen, der unter großer Redeangst leidet?

Zu wissen, dass man mit seiner Redeangst nicht alleine ist, kann oft schon helfen. Die meisten Menschen sind keine „Rampensäue“ und empfinden den Gedanken, vor anderen reden zu müssen (vor allem unvorbereitet), als sehr unangenehm. Wenn die Angst aber so groß wird, dass es einen davon abhält, überhaupt Reden und Präsentationen zu halten und einem z.B. das Sich-Vorstellen in einer Runde schon unangenehm wird, spätestens dann rate ich dazu, etwas gegen die Angst zu unternehmen.
 
Denn egal wie kompetent wir sind, wenn keiner unsere Kompetenzen mitbekommt, weil wir wegen unserer Angst immer unerkannt in unserem Kämmerlein sitzen, dann ist das nicht nur schade, sondern es hindert uns auch daran, unser Potenzial im Beruf und im Privatleben auszuschöpfen.
 
Was würde ich also raten? Wenn ihr das nächste Mal die Chance habt, vor einem Publikum (vor KundInnen, KollegInnen oder auf einer Hochzeit) zu reden, sagt JA. Und dann sucht euch einen Coach, einen Rhetorikclub und vielleicht auch eine/n TherapeutIn, die euch auf eurer mutigen Reise unterstützen. Redeangst ist nichts, mit dem man sich abfinden muss und meiner Meinung nach auch nicht sollte. Dafür habt ihr viel zu viele spannende Ideen und Erfahrungen, die die Welt bereichern können.

3. Was sind deine eigenen Erfahrungen im Umgang mit Lampenfieber?

Das kenne ich nur zu gut. Ich hatte selbst einmal so starke Redeangst, dass ich befürchtet habe, mein Studium nicht beenden zu können. Es stand eine BWL-Abschlusspräsentation vor über 200 Personen an und ich dachte, dass ich das nicht schaffe. Ich hatte Angst, vor dem Publikum zu stehen und keinen Ton rauszubekommen oder meinen kompletten Vortrag zu vergessen.
 
Das war dann der Punkt, an dem ich mich entschieden habe, gegen die Angst anzugehen. Ich habe mir Hilfe geholt. Mein Coach hat mir damals das geraten, was ich heute meinen Coachees rate: Halte Reden, so oft wie du kannst. Das wollte ich damals natürlich nicht hören, doch heute weiß ich, dass das der einzige Weg ist, um die Angst loszuwerden. Ich habe mich mit meiner Angst auseinandergesetzt, mir einen rhetorischen Werkzeugkoffer zugelegt und natürlich geübt und geübt und geübt. Das hat den Unterschied gemacht.
 
Wenn heute bei mir eine Rede oder Präsentation ansteht, dann gibt es einige praktische Tipps, die mir dabei helfen, motiviert und zuversichtlich auf die Bühne zu gehen und das Adrenalin, das ich (und jeder andere Mensch!) auch heute noch durch meinen Körper fließen spüre, als prickelnde Vorfreude und Energie empfinde und nicht mehr als lähmende Angst. Was mache ich konkret?

1. Ich fokussiere mich auf meinen Atem.

Ich nehme mir dafür 2-3 Minuten, schließe die Augen und zähle: Einatmen 1, ausatmen 2 und so weiter bis ich bei 10 bin. Dann fange ich wieder von vorne an. Weil ich mich auf meinen Atem konzentriere, wird dieser ruhiger. Außerdem ist mein Gehirn mit Zählen beschäftigt und ich denke keine Angst-Gedanken. Das hilft!

2. Unsere Körperhaltung kann unsere Gefühle und unsere innere Einstellung beeinflussen.

Amy Cuddy, eine US-amerikanische Forscherin, hat herausgefunden, dass Menschen, die nur wenige Minuten Power-Poses machen (z.B. schulterbreiter Stand, Schulter nach hinten unten, Sternum raus und Hände in die Marathon-Pose oder in die Hüften), selbstbewusster wirken und sich auch so fühlen. Ich mache also vor jedem Auftritt Power-Poses (auf dem Klo geht das prima ☺). Diese Körperhaltungen öffnen auch den Brustraum und dadurch können der Atem und die Körperenergie besser fließen.

3. Erfolgsdenken.

a) Bevor ich auf die Bühne gehe, erinnere ich mich an ein Erfolgserlebnis, das ich kürzlich hatte. Das kann ein neuer Kunde sein. Das kann aber auch die Joggingrunde sein, die ich angetreten bin, obwohl Couch und Popcorn mir verführerisch zuwinkten.
Wenn wir an unsere Erfolge denken, dann aktivieren wir dabei positive Gefühle wie „Selbstvertrauen, „Stolz“ und „Zuversicht“. Wenn wir mit solchen Gedanken vor andere treten, dann strahlen wir Positives aus.
 
b) Schließlich stelle ich mir vor, wie ich auf die Bühne gehe und einen spannenden, unterhaltsamen Vortrag halte. Ich visualisiere also, wie ich die Situation erfolgreich meistere und wenn ich das mache, glaubt ein Teil meines Gehirns, dass es bereits so passiert ist, also auch so passieren muss. Das macht die Angst klein und das Selbstvertrauen groß – Ausprobieren lohnt sich, versprochen!

4. Mit welchen Themen haben deine Klienten am häufigsten Probleme und wie hilfst du ihnen, diese zu lösen?

Meine KlientInnen gehören zu einer dieser zwei Gruppen. Die, die tolle Ideen, Produkte etc. haben, sich aber nicht trauen, sie zu präsentieren und die, die tolle Ideen und Produkte haben, sich trauen, diese zu präsentieren, aber nicht wissen, wie sie das kurzweilig, verständlich und unterhaltsam machen können. Beiden helfe ich, aber auf unterschiedliche Art und Weise.
 
Mit meinen KlientInnen mit Redeangst arbeite ich intensiv an ihrer inneren Einstellung, so dass sie sich Schritt für Schritt wohler in ihrer eigenen Haut fühlen. Wir erstellen zum Beispiel ein Stärken-Profil. Da gibt es dann schon die ersten Aha-Effekte und sie beginnen, sich innerlich und äußerlich aufzurichten. Dazu machen wir viel Körperarbeit, die ihnen dabei hilft, sich auf der Bühne sicher zu fühlen und Selbstbewusstsein auszustrahlen. Dann machen wir uns an die Rhetorik-Tools und erarbeiten einen individuellen Werkzeugkasten, mit dem sie dann jedes Publikum für sich gewinnen können.
 
Bei denen, die sich trauen, ihre Ideen und Produkte zu präsentieren, aber nicht wissen, wie das geht, liegt das Problem oft darin, dass sie zu sehr in ihrem Thema stecken. Ich helfe ihnen dabei, rauszuzoomen und von außen auf den Vortrag zu schauen. Wir klären, vor welchem Publikum sie sprechen, was dieses Publikum schon weiß und was wir ihm noch erklären müssen – wie wir also eine Brücke zum Publikum bauen können.
 
Dann überlegen wir uns einen roten Faden, eine Story, mit der die zentrale Botschaft dann spielerisch transportiert wird. Wir teilen die zentrale Botschaft in wenige gut verdauliche Häppchen ein, überlegen uns einen interessanten, Neugierde-weckenden Einstieg und runden das Ganze mit einem Schluss ab, der das Wichtigste noch einmal zusammenfasst, einen Bogen zum Anfang schlägt und durch einen Call-to-Action den Ball dem Publikum zuspielt.

5. Was ist der wertvollste Tipp, den du selber jemals zum Thema Redenhalten bekommen hast?

Tipp: Ja sagen und machen – Meine Ergänzung: Feedback holen, lernen, wachsen, weitermachen.
Und: Keine Angst davor haben, vom Text abzuweichen oder mal etwas auszulassen, denn dein Publikum weiß ja nicht, was du alles sagen wolltest! ← Tipp von meinen wunderbaren Redner-Kollegen Andrej Laue

6. Mit welchen Tricks kann man seine Bühnenpräsenz verbessern?

1. Vorm Spiegel üben und sich filmen – so gewöhnt man sich an die eigene Stimme und kann an seiner Haltung arbeiten. Man kann die Aufzeichnung auch einem Freund oder einer Kollegin schicken und um Feedback bitten.
 
2. Weniger ist mehr – Die meisten Vorträge enthalten zu viele Informationen, die sich niemand merken kann. Effektiver ist es, die Kernaussage eindeutig zu definieren und sich dann 3 zentrale Argumente oder Aspekte zu überlegen und diese mit passenden Beispielen, Zahlen und Geschichten zu untermauern und zum Leben zu bringen.
 
3. Pausen machen – Die meisten RednerInnen berücksichtigen nicht, dass ihre ZuhörerInnen Zeit brauchen, um das Gesagte zu verarbeiten. Wer gezielt Pausen einsetzt, gibt seinem Publikum die nötige Verarbeitungszeit und erzeugt darüber hinaus Spannung und akzentuiert Wichtiges.

7. Was sind deine nächsten Projekte und wo findet man dich?

Ich arbeite aktuell an neuen Konzepten. Es geht um größere Veranstaltungen, aber mehr kann ich momentan noch nicht verraten.
 
Wer es ganz genau wissen will, findet Termine und Neuigkeiten auf meiner Website, auf Facebook, Xing und LinkedIn.
 
Und ihr findet mich natürlich bei den Berliner Redekünstlern, dem sympathischsten Rhetorikclub der Welt! ☺

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