Ein gemeldeter Einbruch. Zwei Polizisten, die den Tatort untersuchen und sich dabei kurz trennen. Plötzlich geschieht das Unfassbare: Einer der Polizisten dreht sich um und blickt in einen Pistolenlauf. Der geflüchtet geglaubte Einbrecher hat ihn überrascht, es geht um Leben und Tod.
Was kann der Polizist in dieser Situation tun? Eines ist klar: Er muss in einer Extremsituation verhandeln. Wolfgang Bönisch, Trainer beim Seminar Verhandeln am Limit, kennt die eben beschriebene Situation genau, denn er hat sie selbst erlebt. Bevor er Verhandlungsexperte wurde, hat er als Streifenpolizist mit einem Kriminellen über sein eigenes Leben verhandelt.
Seine Erfahrungen, die er als Pharmavertreter weiter ausbauen konnte, gibt er in Trainings und Coachings weiter. Ich habe ein zweitägiges Seminar von ihm besucht, veranstaltet vom FORUM Institut. Meine Eindrücke und Erkenntnisse möchte ich in diesem Beitrag mit dir teilen.
Einkäufer, Juristen Verkäufer – die meisten der etwa ein Dutzend Seminarteilnehmer üben Berufe aus, in denen Verhandeln eine große Rolle spielt. Sie sind aus allen Himmelsrichtungen Deutschlands angereist, um das Geheimnis erfolgreicher Verhandlungsführer zu entschlüsseln.
Doch gibt es das überhaupt? Im Laufe des Seminars wird mir klar, dass eine erfolgreiche Verhandlung von vielen Faktoren abhängt und es nicht den einen „Supertrick“ gibt. Ein wichtiges Fundament ist eine positive, innere Einstellung: Nur wenn du daran glaubst, die Verhandlung meistern zu können, wirst du ein gutes Ergebnis erzielen. Bönisch bringt uns bei, wie wir mit Tools wie Autosuggestion, Power Posing und Visualisierungen unsere Erwartungshaltung selbst steuern können.
Im Vorfeld gesteckte Ziele leiten dich durch die Verhandlung wie ein innerer Kompass. Bönisch rät uns, zunächst unser optimales Verhandlungsergebnis festzulegen, das durchaus unrealistisch sein darf. Ein realistisches, marktkonformes Ziel sowie eine Stopplinie, zu der man gerade noch einen Deal eingehen würde, sollten ebenfalls definiert werden. Notiere außerdem alle Punkte, über die du bei der Verhandlung sprechen willst und sei dir deiner „Dealbreaker“ bewusst: Forderungen der Gegenseite, die einen Deal für dich unmöglich machen würden und eigene Forderungen, die du unbedingt durchsetzen willst.
Zur Vorbereitung gehört auch das Wissen über Psychotricks, die versierte Verhandlungsführer einsetzen, um Forderungen auf unfaire Weise durchzusetzen. Zu den von Bönisch vorgestellten Techniken gehören bewusstes Zuspätkommen, abwertende Kommentare und das berüchtigte „Good Cop, Bad Cop“ Spiel, bei dem sich ein Verhandlungspartner diplomatisch gibt und der andere sich fordernd oder drohend verhält. Durch diese Methoden wird die Gegenseite einer Stresssituation ausgesetzt und damit zu einer schnellen und nachteiligen Entscheidung gedrängt.
Wie geht man damit am besten um? Bönisch empfiehlt, solche Grenzüberschreitungen so früh wie möglich offensiv anzusprechen, auch wenn es sich unangenehm anfühlt. Dadurch wird die Gegenseite überführt und kann ihr mieses Spiel nicht fortsetzen.
Ein oftmals unterschätzter Faktor in Verhandlungen ist laut Bönisch das körperliche Wohlbefinden. Wenn wir die Grenze unserer Leistungsfähigkeit erreichen, übernimmt das „Reptilienhirn“ das Kommando und lässt uns Entscheidungen treffen, die wir mit klarem Kopf nicht getroffen hätten. Wir müssen dieser Ermüdung selbst aktiv entgegenwirken: Bönisch rät uns, den Raum zu verlassen, wenn wir uns nach einer langen Verhandlungsphase müde fühlen. Wichtig sei auch, dafür zu sorgen, dass der Blutzuckerspiegel nicht sinkt. Nach etwa einer Stunde braucht das Gehirn Zucker, so Bönisch. Man sollte deshalb immer ein paar Snacks zur Hand haben.
Zu einer erfolgreichen Verhandlung gehört dazu, auch mal „Nein“ zu sagen. Wenn eine Verhandlung völlig ohne „Nein“ verläuft, hat eine Seite wahrscheinlich auf Kosten der anderen Seite ein unverhältnismäßig gutes Ergebnis erzielt.
Um geschickt Nein sagen zu lernen, lässt uns Bönisch eine Übung durchführen, bei der wir die Forderung eines anderen Teilnehmers zurückweisen. Dabei verpacken wir das „Nein“ behutsam zwischen zwei bejahende Aussagen, ähnlich wie bei der Sandwich-Methode, bei der Kritik zwischen Lob eingebettet ist.
Allein mit der richtigen Technik ist es laut Bönisch aber nicht getan: Damit das „Nein“ überzeugend und echt ist, muss man eine Alternative zu dem gewünschten Deal in der Hinterhand haben. Ohne ist man der Gegenseite schutzlos ausgeliefert und muss in letzter Konsequenz alle Forderungen schlucken.
Wenn du beispielsweise mit einem Monopolist verhandelst, stehst du aufgrund der asymmetrischen Machtverteilung auf verlorenem Posten und musst wahrscheinlich ein schlechtes Verhandlungsergebnis akzeptieren, auch wenn du ein profilierter Verhandlungsführer bist.
Bönisch gibt uns noch eine ganz einfache Strategie gegen schlechte Verhandlungsergebnisse auf den Weg: Begebe dich niemals spontan und unvorbereitet in Verhandlungssituationen. Wenn dich ein wichtiger Kunde, mit dem du gerade verhandelst, unerwartet anruft, lasse das Telefon klingeln und rufe zurück, nachdem du dich vorbereitet hast oder vereinbare einen Telefontermin.
Fazit
Mir wurde im Laufe des Seminars bewusst, dass ein erfolgreicher Verhandlungsführer drei ganz grundlegende Dinge mitbringen muss:
– Wissen
– Erfahrung
– Emotionale Stabilität
Ein fundiertes Wissen über Verhandlungstechniken ermöglicht dir, selbstbewusster zu verhandeln, was wiederum deine emotionale Stabilität fördert.
Die Teilnahme an einem Verhandlungsseminar ist deshalb ein guter Startpunkt, um erfolgreicher zu verhandeln. Du lernst, deine eigenen Forderungen geschickt zu verpacken, dein Gegenüber besser einzuschätzen und seine Psychotricks zu durchschauen.
Das Seminar von Wolfgang Bönisch kann ich bedenkenlos weiterempfehlen, da neben dem Wissenstransfer auch praktische Übungen durchgeführt werden, die das Gelernte verfestigen und integrieren.
Aus der eingangs beschriebenen Extremsituation konnte sich Bönisch übrigens „herausverhandeln“ – völlig ohne Blutvergießen. Wie er das gemacht hat, erfährst du in seinem Seminar.