Tipps für einen gelungenen Redeeinstieg

Bei einem 100-Meter Rennen entscheidet der Start über Sieg oder Niederlage. Wenn ein Sprinter beim Loslaufen stolpert, hat er keine Chance mehr, als erster die Ziellinie zu passieren.
 
Auch bei Vorträgen ist der Anfang von enormer Bedeutung. Die Zuhörer bilden sich innerhalb von 30 bis 60 Sekunden eine Meinung vom Redner, die sie meist nicht mehr ändern. Wenn das Publikum den Redner in den Anfangsminuten als langweilig oder inkompetent wahrnimmt, wird es ihm schon nach kurzer Zeit nicht mehr zuhören.
 
Außerdem können sich Menschen gemäß des sogenannten „Primäreffekts“ besonders gut an den Anfang eines Vortrags erinnern. Es lohnt sich also, beim Redeanfang besondere Sorgfalt walten zu lassen. Darauf gehe ich auch in meinem Beitrag „Sieben Tipps für den Redeeinstieg“ ein.

Dein Auftritt beginnt in dem Moment, wo du aufstehst, um zur Bühne zu gehen.

Schreite mit einem selbstbewussten Lächeln und einer aufrechten Körperhaltung zur Bühne. Wenn du dort vom Veranstalter oder einem Moderator begrüßt wirst, schüttele ihm selbstbewusst die Hand und schau ihm dabei in die Augen.
 
Nehme anschließend mit dem Publikum Kontakt auf. Lasse deinen Blick für einige Momente wortlos durch das Publikum schweifen und spüre die dadurch entstehende Energie in deinem Körper. Das mag furchterregend klingen, kann aber die Initialzündung für einen atemberaubenden Auftritt sein. Fange erst zu sprechen an, wenn im ganzen Raum Ruhe eingekehrt ist.

Beginne deine Rede nicht direkt mit der Begrüßung des Publikums.

Das wäre vorhersehbar und langweilig. Starte lieber mit etwas, das die Zuhörer von Anfang an fasziniert. Hervorragend geeignet sind persönliche Geschichten. Nicht umsonst erfreuen sich Reality-Sendungen im Fernsehen trotz des fragwürdigen Niveaus einer hohen Beliebtheit. Menschen lieben es, am Leben anderer Menschen teilzuhaben.
 
Alternativ kannst du deinen Vortrag mit überraschenden oder gar atemberaubenden Fakten beginnen. Sie sollten prägnant und thematisch passend sein.
 
Wie du in den folgenden Beispielen sehen kannst, lassen sich überraschende Fakten gut mit Fragen einleiten.

  • „Wissen Sie, wo jedes Jahr weltweit die meisten Filme gedreht werden? Sie dachten jetzt wahrscheinlich an Hollywood. Oder an das indische Bollywood. Doch tatsächlich werden die meisten Filme im nigerianischen Nollywood produziert.“
  • „Wir leben in einer Welt aus Plastikmüll. Wussten Sie, dass 1/3 der vermeintlichen Sandkörner an britischen Stränden in Wahrheit kleingewaschenes Plastik sind?“
  • „Wussten Sie, dass eine Jahreszeit auf dem Planeten Uranus 20 Jahre dauert?“

Du kannst am Anfang selbstbewusst den Nutzen deiner Rede für das Publikum herausstellen. Solche Einstiege erzielen eine hohe Aufmerksamkeit, da Menschen von Eigeninteresse gesteuert sind und ihr Leben verbessern wollen.
 
Du kannst außerdem ein Informationsdefizit erzeugen, indem du ankündigst, welches Wissen deine Zuhörer in deinem Vortrag erwerben können.

  • „Heute lernen Sie, wie man die beste Suppe der Welt kocht.“
  • „Sie werden in meinem Vortrag erfahren, warum Sie unbedingt nach Island reisen sollten.“
  • „Ich werde Ihnen in meiner Rede einen Investitionsplan vorstellen, mit dem Sie Ihr Vermögen in den nächsten fünf Jahren verdoppeln können.“

Wer möchte nach solchen Einstiegssätzen nicht weiter zuhören?
 
Es gibt viele andere geeignete Einstiege. Das Entscheidende ist immer, dass dein Einstieg zum Thema und zum Publikum passt.
 
Eine befreundete Rednerin begann ihre Rede, indem sie dem Publikum wortlos einen Blumenkohl präsentierte. Jeder fragte sich gespannt, was der Blumenkohl symbolisieren sollte. Antwort: das Gehirn!
 
Sie hielt einen kurzweiligen Vortrag über das limbische System. Das Publikum quittierte ihre Rede mit einem tosenden Applaus.

Weitere mögliche Einstiege:
  • Zitat
  • Frage an das Publikum
  • aktuelles Tagesgeschehen
  • historisches Ereignis
  • kleine Vorführungen
  • kurzes Video
  • Foto
  • Bezug auf die Vorrednerin

Wie du auf keinen Fall in eine Rede einsteigen solltest

Beginne deinen Vortrag nie mit einer Entschuldigung oder Rechtfertigung. Sätze wie die folgenden stellen sicher, dass dir von Anfang an niemand zuhört.

  • „Leider konnte ich den Vortrag nicht so gut vorbereiten.“
  • „Ich vertrete Frau Herzog, die kurzfristig erkrankt ist. Leider kenne ich mich in dem Thema nicht so gut aus wie sie. Ich werde aber versuchen, sie würdig zu vertreten.“
  • „Bitte entschuldigen Sie, dass ich heute so leise spreche. Ich bin leider erkältet.“

Wenn deine Stimme aufgrund einer Krankheit zu leise ist, hast du zwei Möglichkeiten. Du kannst die Rede absagen oder du stellst sicher, dass dir ein Mikrofon zur Verfügung steht. Wenn du dem Publikum von deinem Handicap erzählen musst, ist das Kind bereits in den Brunnen gefallen.

Riskant sind auch humorvolle Einstiege.

Geschichten, die der Redner lustig findet, sind für das Publikum häufig leider nicht lustig. Auch mit witzig gemeinten Klischees kann man kräftig daneben langen.
 
Ein Webdesigner, mit dem ich zusammenarbeitete, stellte die Ergebnisse eines Projekts vor dem gesamten Unternehmen vor. Er spielte in seinem Vortrag mit dem Klischee, dass Frauen von Technik weniger verstehen als Männer. Er sagte so etwas wie: „Selbst unsere weiblichen Nutzer haben die neue Architektur der Webseite sofort verstanden“. Statt eines inbrünstigen Lachens erzeugte er ein verärgertes Raunen unter den Zuhörern – besonders unter den Zuhörerinnen.
 
Nicht einmal drei Monate nach dem Vortrag hat er die Firma wieder verlassen. Ob dieser Auftritt eine Ursache war, weiß ich nicht – genützt hat er ihm mit Sicherheit nicht.

Eine etwas weniger riskante Form des Humors ist die Selbstironie.

Wenn du beispielsweise als Einstieg ein Missgeschick beschreibst, kann das deine Sympathiewerte erhöhen. Das gilt besonders, wenn du als selbstbewusste Person wahrgenommen wirst. Verknüpfe Selbstironie immer geschickt mir deinem Redethema.
 
Der Berliner Bürgermeister Michael Müller spielte in Wahlkampfveranstaltungen gerne auf ironische Weise mit seinem Image als fleißigen aber eher unspektakulären Politiker. In einer Rede soll er folgendes gesagt haben:
 
„Mein Glamourfaktor hat noch Luft nach oben. Kürzlich bin ich mit dem Klaus unterwegs gewesen, der hat mal wieder alle Models geküsst und dann auf mich gedeutet. „Das ist vielleicht der Nächste, der ihr küssen müsst!“ Die schönen Frauen haben dies einigermaßen verzweifelt zur Kenntnis genommen.“(Quelle: Tagesspiegel)

Begrüßung und Selbstvorstellung

Begrüße das Publikum erst nach dem Einstieg, also nach etwa ein bis zwei Minuten.
Verknüpfe die Begrüßung mit einer kurzen Selbstvorstellung, wenn du nicht bereits von dem Moderator oder Veranstalter vorgestellt wurdest.
 
Erkläre dem Publikum, warum du in deinem Thema ein Experte bist. Du solltest dabei jedoch nicht prahlerisch rüberkommen – eine leichte Bescheidenheit kommt bei den meisten Menschen besser an. Gehe außerdem nicht zu sehr ins Detail. Nicht deine Person, sondern deine Ideen und Argumente sollten im Vordergrund stehen.
 
Wenn du die Wahl zwischen einer Selbstvorstellung oder einer Vorstellung durch eine andere Person hast, solltest du immer Letztere wählen. Es ist glaubwürdiger, wenn eine andere Person deine Kompetenz unterstreicht als wenn du es selber tust.
 
Verzichte beim Einstieg auf abgegriffene Floskeln wie: „Ich freue mich, dass Sie so zahlreich erschienen sind“. Sie lassen dich nicht gerade kreativ erscheinen.
 
Das Publikum wird dir besser folgen, wenn du in der Einleitung ankündigst, über welche Punkte du im Vortrag sprechen wirst. Das kannst du zusätzlich durch eine PowerPoint Slide oder ein Flipchart visualisieren.

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